Konsum – Sind wir blind?

In diesem Beitrag, oder besser in dieser Serie zu Konsum und Nachhaltigkeit, beleuchten wir die Treiber für unseren reduzierten Lebensstil. Auch, wenn in dieser Serie eine gewisse Gesellschaftskritik mitschwingt, möchten wir niemanden verurteilen. Wir selbst haben den Großteil unseres Lebens ein stark konsumorientiertes Leben geführt und möchten andere Menschen motivieren und inspirieren, ein bewussteres Leben zu führen. Lass’ uns also gemeinsam das Thema Konsum ergründen 🙂

Konsum Titelbild

Identifikation durch Gegenstände

„Von dem Geld, das wir nicht haben, kaufen wir Dinge, die wir nicht brauchen, um Leuten zu imponieren, die wir nicht mögen“ – Fightclub

Wir glauben ja schnell, dass uns Gegenstände erfolgreich oder besonders machen. Und dann spielen wir Rollen. Zum Beispiel glaubt Sören, dass ein erfolgreicher Mann eine teure Uhr haben muss, immer im Anzug herumläuft und mit Geld nur so um sich schmeißt. Wer viel hat, ist viel wert. Die Religion: Geld. Das Gebet: Konsum. Sören möchte gerne reich sein, weil er glaubt, dass dann alles besser ist. Zum Thema Zufriedenheit und Glück haben wir ja bereits einen Beitrag geschrieben, der könnte an dieser Stelle durchaus interessant für Dich sein. Also fängt Sören an, dieses Image zu leben. Sich über das Zeug zu identifizieren. Und er glaubt, dass, wenn andere seine Uhr sehen, sich denken „Bohr ist der reich ey!“. Das muss aber gar nicht zwingend sein. Das ist alles nur in Sörens Kopf. Aber ein paar andere Sörens spielen das mit. „Guck mal, der hat ’ne teure Uhr. Der muss reich sein!“ Das ist Fasching in Höchstform. Oder Tina. Tina möchte Yoga machen. Schließlich machen das die ganzen super schlanken sexy Leute auch. Tina kauft eine teure Yogamatte, fünf Paar Leggings und einen 12-Monate-Online-Kurs in Vorkasse. Tina glaubt, dass sie damit schneller zu ihrem Ideal kommt. Aber die Realität kennen wir alle. Mit der Wagenladung voller Krempel kommt Tina keinen Meter weiter. Denn sie müsste selbst etwas tun, um die Situation zu verändern. Hunderte und tausende Wiederholungen von Übungen. Eine Änderung im Lebensstil. Das ginge auch alles in Unterhose.

Es ist einfacher, irgendeinen Kram zu kaufen und sich vorzugaukeln, man ist jetzt eine Yogini, als selbst Arbeit zu investieren. Und Tina will vielleicht auch gar nicht wirklich Yoga machen. Tina will eigentlich schlank und sexy sein und am liebsten das Gesicht und das Leben der Yogatrainerin haben. Weil Tina glaubt, dass es ihr dann besser geht und das andere Leben eh viel lebenswerter ist. Tina sieht gar nicht, dass sie einzigartig und wunderschön ist. Sie ist gut so, wie sie ist. Aber irgendwelche temporären Schönheitsideale, tägliche mediale Gehirnwäsche und nicht zuletzt wir, also alle, die das mitspielen, haben sie davon überzeugt. So wie es jetzt ist, ist es nie gut. Wir wollen, nein brauchen, immer mehr und beim nächsten Mal bin ich dann bestimmt wirklich glücklich oder zufrieden. Oder vielleicht nur ein kleines bisschen glücklicher. Soweit hat es unsere Gesellschaft, die Werbung, aber auch unser unbewusstes Leben und Handeln gebracht. 

Unsere persönliche Konsumspirale

Wir machen einen Job, der uns zwar gefällt, aber uns irgendwie nicht erfüllt. Wir haben nach Jahren der finanziellen Achterbahnfahrt mittlerweile ein gutes Einkommen und können uns viele Annehmlichkeiten wie eine schöne Eigentumswohnung, zwei Autos und essen gehen leisten. Urlaub ist auch kein Problem. Oft kommen wir erschöpft von der Arbeit, sind antriebslos und versuchen so gut es geht, die häuslichen und ehelichen Pflichten zu erfüllen. Insgesamt fühlen wir einen gewissen Widerstand in uns. Wir fühlen uns fremdbestimmt. Abends auf der Couch bestellen wir uns nahezu täglich irgendwelche Kinkerlitzchen für die Küche oder Deko oder Klamotten. Das gibt uns ein gutes Gefühl. Viele Dinge lassen sich nicht reparieren, also wird fleißig auch beim kleinsten Kratzer Ersatz gekauft. Und auch, wenn der Tag mal so richtig kacke war, belohnen wir uns mit Shopping oder gehen Essen. Das haben wir uns ja schließlich verdient. Irgendwann fragen wir uns, ob das jetzt langfristig so weitergeht und der Gedanke lässt uns erschaudern. Wir können uns nicht vorstellen, so weiterzumachen. Zum einen, weil wir mit unserer Lebenszeit mehr anfangen wollen, als irgendeinen Job zu machen und die Freizeit nur noch mit Konsumieren zu verbringen. Zum anderen, weil wir schon länger ein gewisses Bewusstsein für die Endlichkeit von Ressourcen entwickelt haben und es einfach gruselig ist, wie viel Krempel wir anhäufen. Die Menge an Plastik. Wie günstig das alles ist. Wie viele Menschen und Tiere für einen kurzen Augenblick der Befriedigung oder Unterhaltung ausgebeutet werden. Nichts hat für uns einen richtigen Wert mehr. Wegwerfgesellschaft. Wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Konsum: Echter und unechter Bedarf

Unter „echtem“ Bedarf verstehen wir neben der Befriedigung der Grundbedürfnisse wie Essen, Trinken, Dach über dem Kopf etc. auch Dinge wie ein Transportmittel, ein Telefon, eine Waschmaschine oder einen Staubsauger, die für die entsprechende Lebenssituation notwendig sind. Diese Dinge sind im Grunde schon nicht mehr lebensnotwendig, aber eine enorme Hilfe und stellen einen Zugewinn an Lebensqualität dar. Und diese Dinge sind durchaus variabel. Ein Farmer im Outback Kanadas benötigt vielleicht andere Dinge als ein Büroangestellter in einer deutschen Großstadt. Und hast Du schon eine Idee, was wir jetzt mit „unechtem“ Bedarf meinen? Im Grunde alles, was über den echten Bedarf hinausgeht. Das ist prinzipiell auch schon die Tüte Chips, aber darum geht es uns hier gar nicht. Die kaufen wir auch viel zu oft 🥸 Vielmehr darum, dass zum Beispiel zwei Menschen auf 150 m²  leben, oder zwei Menschen vier Autos besitzen, oder jemand sich alle drei Monate ein neues Smartphone kauft, nur weil es neuer ist. Das befriedigt sehr wahrscheinlich sogar auch gewisse Bedürfnisse, wie wir gleich aber noch sehen werden handelt es sich hierbei wahrscheinlich nur um eine Ersatzbefriedigung und kann langfristig furchtbar unbefriedigend werden.

Was steckt hinter dem blinden Konsum?

„Konsumkultur dient als Ersatzbefriedigung von Bedürfnissen“ – Marshall B. Rosenberg

Viele Menschen kaufen jedes Jahr mindestens ein neues Handy. Alle paar Jahre ein neues Auto. Wir entscheiden schon lange nicht mehr auf der Basis von echtem Bedarf und Notwendigkeit. Hä? Wieso kaufen wir denn dann Dinge? Das Thema ist mal wieder sehr komplex, und wir erheben deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Schonmal ’nen schlechten Tag gehabt und im Anschluss Fastfood gegessen? Trostpflaster. Manche sagen dann „Das habe ich mir heute verdient“. Was wir hier tun, ist aber, dass wir ein Bedürfnis haben. Nach Belohnung. Nach Trost. Was auch immer. Wahrscheinlich haben wir eine unserer persönlichen Grenzen (die uns selbst manchmal gar nicht bewusst sind) überschritten und keine Pause gemacht oder zu viel gearbeitet und sind dadurch gestresst und fühlen uns erschöpft. Wir wollen uns entspannen und uns wieder gut fühlen. Manche tun das über Essen, einige über Alkohol und Nikotin, andere durch Sex. Manchmal ist es Langeweile, das Bedürfnis nach Abwechslung, das uns mal eben ein teures Tech-Gadget mit einem Klick in der Shopping-App bestellen lässt. Irgendwann sind das automatische Prozesse, Gewohnheiten, die wir ohne es zu merken ausführen.

Sind denn so viele unserer Bedürfnisse nicht befriedigt?

Ganz so einfach ist es nicht. Zunächst einmal haben viele von uns einfach keinen Kontakt, kein Bewusstsein für unsere Bedürfnisse. Das muss man lernen und dann am besten durch Erziehung weitergeben. Das haben wir vermutlich bisher großflächig versäumt. Dann wachsen wir in einer Gesellschaft heran, die Stereotypen bei jeder Gelegenheit fördert. Echte Männer essen Fleisch. Haben ein Sixpack. Frauen haben keine Körperbehaarung. Furzen nicht. Mit 18 klettert man nicht mehr auf Bäume. Mit 30 muss man Kinder haben.  Wir erzeugen selbst einen gesellschaftlichen Druck und glauben dann, dass jeder, der davon abweicht, ein Versager ist. Gruppenzwang. Aus Angst in eine Schublade gesteckt zu werden, machen wir irgendwas mit, obwohl wir es gar nicht wollen oder es uns nicht leisten können. Das funktioniert auch, weil alle, die „normal“ sind, ein Problem mit den „anderen“ haben. Man selber hält sich schließlich an die „Regeln“ und die anderen nicht. Wir gewöhnen uns diesen ganzen Zirkus an, ohne es zu merken. Wir haben das Bedürfnis dazuzugehören und vergessen dabei, dass wir selbst Grenzen und andere Bedürfnisse haben und wir nicht nach irgendjemandes Pfeife tanzen müssen, um etwas wert zu sein. Wir holen uns Bestätigung im Außen. Wir wollen, dass Papa und Mama, der Lehrer, Ausbilder, Partner und Nachbar stets sagen „Hast Du fein gemacht.“

Obwohl die meisten klar denkenden Menschen wissen, dass kein Mensch mehr wert ist als der andere, lebt und handelt eine erheblich große Zahl an Menschen entgegen dieser Tatsache. Schonmal einen Geschäftsführer gesehen, für den die Reinigungskraft Luft ist? Die gute Nachricht ist, dass sich das verändert. Die herkömmlichen Lebensmodelle und auch alten Rollenbilder von Frauen und Männern geraten ins Wanken. Wirtschaftlich gesehen lässt sich vieles nicht so realisieren wie vor 20 Jahren und viele junge Leute würden Lebenszeit und Gesundheit vor Geld und Luxus wählen. 

Bewusster Konsum für mehr Nachhaltigkeit

Es geht uns nicht darum, alles aus den Angeln zu reißen und alle Menschen zu verteufeln und radikal das System zu verändern. Aber wir finden, dass ein wenig Bewusstsein für gewisse Dinge nicht schaden kann und glauben, dass jeder Schritt, den wir gehen, wertvoll ist. Denn Bewusstsein schafft überhaupt die Grundlage für Veränderung. Wie auch beim Thema Glück und Zufriedenheit ist für uns die erste Anlaufstelle für eine Verbesserung der Situation unsere individuelle, geistige Gesundheit. Wir benötigen einen gewissen Kontakt mit uns selbst und, durch unsere Emotionen, mit unseren Bedürfnissen, um zu verstehen, was wir da eigentlich tun. Denn wenn wir unsere echten Bedürfnisse kennen und stillen, dann können wir uns vielleicht die ein oder andere Ersatzbefriedigung sparen und nicht nur für uns selbst, sondern auch für die Gesellschaft mehr Klarheit erlangen. 

Deine Gedanken zu dem Thema interessieren uns brennend! Lass’ uns ein Kommentar oder ein Like da, wenn Dir dieser Beitrag gefallen hat. Nächste Woche tauchen wir in das Thema Nachhaltigkeit ein und werfen mit ein paar atemberaubenden Zahlen um uns. Vielen Dank fürs Lesen!

Frohes Abenteuern,
A&O

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Ein Buch über Kommunikation zum Thema Konsum und Nachhaltigkeit? Ja, genau. Rosenberg zeigt nämlich eine Methode durch die Kommunikation, wie wir mit ein bisschen Übung mehr Kontakt zu unseren Emotionen und Bedürfnissen erlangen können und nicht nur die Kommunikation verbessern und Konflikte lösen können, sondern auch insgesamt zu mehr Lebensqualität kommen. Eine absolute und unterhaltsame Empfehlung. 😍

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Bildquellen

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Titel: Foto von Jon Tyson
Yogamatten: Foto von The Nix Company
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Yoga Frau: Foto von Carl Barcelo
Online Shopping: Foto von OneSave/Day
Stereotypen: Foto von taichi nakamura
Zufriedene Frau: Foto von Darius Bashar
Typ über den Wolken: Foto von Ian Stauffer

6 Gedanken zu „Konsum – Sind wir blind?“

  1. Hallo A&O,

    auch dieser Artikel war hilfreich für mich, weil ich so wieder mehr darauf achte, was ich wirklich brauche um glücklich zu sein. Konsum ist wirklich nicht die Lösung. Wenn man das verinnerlicht hat, ist man schon einen kleinen Schritt weiter.
    LG
    Reinhard

  2. Danke für diesen charmanten Text.
    Ich persönlich neige dazu zu wenig zu essen und erlaube mir fast nichts mehr, wenn es mir schlecht geht oder ich Stress und Sorgen habe. Auch da steckt sicherlich Programmierung aus der Kindheit dahinter, die es zu Überdenken gilt.
    Weiter so ❤️

    1. Danke für deinen charmanten Kommentar 🥰 Das hört sich so an, als würdest Du dich selbst bestrafen dafür dass es Dir schlecht geht. Musst Du ja gar nicht 😃 Vermutlich ist niemand frei von solchen Prägungen oder Programmierungen. Was aber immer ein guter Schritt ist: Bewusstsein. Die Tatsache, dass Du es selbst erkennst ist schonmal sehr viel wert. ❤️

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