#002 Paradies auf Umwegen – Überraschung an der Adriaküste

Die erste Woche Roadtrip in Italien könnte kontrastreicher nicht sein. Altstädte, Geisterstädte, gemischte Gefühle, menschenleere Strände und kaltes Meerwasser an der Adriaküste.

Kaltstart

Plötzlich kommt blitzschnell Anikas Hand unter der kuschelig warmen Decke hervor und drückt auf den Knopf der Heizung. Die Nacht auf dem Parkplatz war ruhig. Morgens 2 Grad Außentemperatur, aber in wenigen Minuten ist es warm im Van. Fertigmachen, Hunderunde, Kaffee, Frühstück, Einkaufen und ab gehts durch die Berge. Alle Gipfel verschneit. Wir fühlen uns ein wenig wie damals in Kanada. Ein Highlight vor dem Brennerpass ist eine Abfahrt mit 16 % Gefälle. Das haben wir noch nie erlebt. Wir fragen uns, wann die Bremsen versagen, kommen aber gut und ohne qualmende Bremsen unten an. Wir genießen bei der Fahrt weiter die Aussicht, fahren entspannt im Tempo der LKW, da fast überall Baustellen sind. Uns beschleicht das Gefühl, den dunklen, fast schwarzen Wolken davonzufahren. Vor uns blauer Himmel. Die kleine Temperaturanzeige im Armaturenbrett steigt langsam aber sicher. Hin und wieder regnet es. Wir machen eine Pause an einer Tankstelle. Als wir losfahren, fängt es an, Golfbälle zu hageln. Wir sehen Blitze in der Ferne. 

Bella Italia – Wann wird’s mal wieder richtig Sommer?

Angekommen an unserem ersten Stellplatz in Italien, ein riesengroßer Schotterplatz an einem Schwimmbad, steigen wir aus und spüren die warmen Sonnenstrahlen auf unserer Haut. Fast 20 Grad, direkt hinter den Alpen. So haben wir uns das vorgestellt. Auf dem Parkplatz fährt gelegentlich Personal mit einem Golfcaddy entlang und leert bei Bedarf die vielen Mülleimer. Über den Bergen sehen wir die schwarze Front am Himmel, die scheinbar näher kommt. Wir stellen uns auf das Schlimmste ein. Doch wir sollten verschont bleiben. Später ist es bewölkt, sodass die Solarpaneele unsere Batterien über den Tag nicht wieder voll bekommen, aber das ist nicht schlimm, wir haben ja etwas Puffer.

All Inclusive alleine macht nicht glücklich

Nach zwei Nächten fahren wir weiter Richtung Süden, da zumindest der Wetterbericht nicht die gleichen Ziele hat wie wir. Angekommen an einem kostenlosen Stellplatz inklusive aller nötigen Versorgung, d.h. Frischwasser, Abwasserentsorgung und sogar Strom, erfreuen wir uns an dem schönen Platz und erkunden mit Nala die Gegend. Die Altstadt  am Berg, umgeben von Stadtmauern, ist sehr besonders, denn sie hat sich seit ca. 1300 n. Chr. nicht stark verändert (Okay, damals gab es da vermutlich kein Sushi). Es ist eine der wenigen uralten Städte, die nicht in irgendeinem Krieg zerstört wurden. 

Das Wetter will nicht so recht und der Platz wurde übers Wochenende brechend voll, nach zwei Nächten sind wir etwas ratlos und irgendwie knatschig und grübeln den ganzen, langen, nervigen, grauen Tag lang, was wir machen sollen. Wir wollen in die Berge, aber überall ist das Wetter in den kommenden Tagen bis Wochen eher doof, hoch oben in den Bergen vermutlich nicht besser. Da wir auch Bildmaterial produzieren wollen, ist das ungünstig. Wir erwägen kurz, einfach nach Spanien zu fahren, aber das wäre zu einfach. Die Lösung: Wir haben ja Zeit. Also fahren wir doch erst einmal am Meer entlang so weit nach Süden wie wir können und wollen, und fahren dann eben auf dem Rückweg in die Berge. Anika findet durch die einschlägigen Apps und Kartenmaterial einen Spot am Meer, an dem vermutlich jetzt in der Nebensaison nichts los ist. Das sollte sich später noch auf gruselige Art bewahrheiten. Wir schlafen noch eine Nacht, Entsorgen Wasser, Füllen Frischwasser auf, Tanken. Dann halten wir an einem Waschsalon, der sogar sonntags aufhat und Waschen und Trocknen eine riesige Ladung Wäsche. Währenddessen Frühstücken wir, Putzen den Van, Reparieren und warten ein paar Kleinigkeiten und kommen erst gegen frühen Nachmittag auf die Straße. Gar nicht schlimm, denn die Mautstraße ist am Sonntag wie leergefegt und wir fahren stundenlang mit Tempomat entspannte 95 km/h bis zum Ziel, ohne wirklich jemals bremsen zu müssen. Der Meerblick auf die italienische Adriaküste zaubert uns mehr als einmal ein Lächeln auf die Lippen.

Anika vor einem Waschsalon

Verloren in der Geisterstadt

Unser Weg führt uns durch breite, leere Straßen, die von dickem Bambus und hohem Schilf gesäumt sind. Fast ein bisschen wie in Thailand. An vielen Stellen haben Menschen Müll oder Bauschutt einfach in die Natur gekippt. Wir fahren durch ein kleines Dorf, es wirkt alles sehr konstruiert und geradlinig, irgendwie gepflegt, aber wie leer gefegt. Wir sehen und hören keinen einzigen Menschen und kein Auto auf den sehr breiten Straßen. Irgendwie postapokalyptisch. Weiter durch den Bambuswald kommen wir an einem großen Platz am Meer an. Nur eine Familie mit 3 Kindern steht in ihrem Wohnmobil hier. Sonst sind wir alleine. 50 m bis zum monströsen Strand, die türkise Adria immer in Sichtweite. Endlich freistehen. Gelegentlich kommen Autos und drehen sofort wieder um. Da hier weit und breit nichts ist, kommen vermutlich viele Leute hier her, um alleine zu sein oder um ungestört Zärtlichkeiten auszutauschen. Latexhaltige Spuren davon haben wir schon öfter an abgelegenen Orten gefunden. Der Strand ist kilometerweit wie leergefegt. Am zweiten Tag ist es so windig, dass draußen sein irgendwann stresst. Nach einem Spaziergang durch die Geisterstadt wissen wir nicht, ob wir bleiben sollen, weil das irgendwie selbst für Olli grenzwertig gruselig ist. Aber nach einiger Recherche stellen wir fest, dass die meisten Häuser und Wohnungen Ferienwohnungen sind und die leeren Bars am Strand Vorbereitungen für die wärmere Saison treffen. Über den Winter wird hier aber scheinbar alles verbarrikadiert. Wir kennen die Nebensaison aus Spanien, dass aber ganze Dörfer komplett leer stehen, haben wir so noch nicht erlebt. Am dritten Tag ist es kaum windig, es sind zwar nur 15 Grad, aber die Sonne knallt richtig, sodass wir uns endlich, neben Schreiben, Kochen, Hundebespaßung und diverser Planung in die Sonnenstühle setzen und die lang ersehnte Sonne so richtig genießen. Das komische Gefühl ist weg. Wir können loslassen und fühlen uns angekommen. 

Wir bleiben noch zwei Nächte und lernen Ioanna und Miguel von 2idiots_ontour kennen. Die beiden sind in einem Geländewagen unterwegs und kriegen das Ganze auf engstem Raum hin.  Zusammen verbringen wir draußen bei Eiseskälte die Abende bis in die Dunkelheit und lachen sehr viel. Olli war barfuß am Strand laufen und hat sich mehrfach ins 15 Grad kalte Wasser geschmissen. Vitalisierend 🙂 Als wir uns morgens verabschieden, wird der Platz voller und voller, was vermutlich am Wetter und am nahenden Wochende liegt. Auch das Meer ist bedeutend ruhiger als zuvor. Schade, dass sich unsere Wege hier schon trennen, aber für uns alle fühlt es sich richtig an. Die beiden müssen bald eine Fähre erwischen, und unser Abenteuer muss eben auch weitergehen.

Wir wünschen Euch gute Fahrt, frostfreie Nächte und unvergessliche Momente!

Frohes Abenteuern 🙂

3 Gedanken zu „#002 Paradies auf Umwegen – Überraschung an der Adriaküste“

  1. Hi Ihr Lieben, ich freue mich ganz doll, dass Ihr uns an eurem Abenteuer teilhaben lasst. Das Wetter wird besser, bin ich ganz sicher. Dicke Küsschen und fühlt euch gedrückt. R. u. R.😘

  2. Hallo ihr Lieben, das klingt schon richtig nach Abenteuer. Bin auf den nächsten Bericht schon sehr gespannt. Wisst ihr, wie der Ort mit der Kirche hieß? Kann sein, dass wir den besucht haben, als Sarah in Italien geheiratet hat.
    Weiterhin viel Spaß.
    Gruß Reinhard

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