Jubiläum – Die ersten drei Monate Vollzeit Vanlife

Die einzige Konstante im Universum ist die Veränderung. Das ist eines unserer Lieblingszitate von Heraklit 🙂 Und wenn man genau darüber nachdenkt, gibt es wenige schlaue Sätze, die so uneingeschränkt wahr sind. Es sind schon drei Monate Vollzeit Vanlife vergangen, wir waren in Italien und Skandinavien und haben so einiges erlebt. Das nehmen wir nun zum Anlass, in regelmäßigen Abständen zu reflektieren, wie sich der alternative Lebensstil für uns anfühlt, welche Veränderungen wir erleben und was uns überrascht. 

Alltag – Weniger tun und mehr erleben

Hört sich paradox an, oder? Aber jedes Mal, wenn wieder eine Woche Vollzeit Vanlife hinter uns liegt und wir für unser Reisetagebuch reflektieren, was passiert ist, stellen wir fest, dass wir eine ganze Menge erlebt haben. Und das, obwohl wir teilweise kaum oder gar nicht den Ort gewechselt haben oder auf irgendwelchen Sightseeing-Marathons waren. Wir nehmen Dinge bewusster wahr. Erleben diese und rennen nicht den Großteil des Tages auf Autopilot durch die Gegend, wie es früher mal der Fall war. Wir genießen es, andere Menschen und vor allen Dingen Gleichgesinnte zu treffen. Manchmal bestimmen die Umstände den Tag. So kommen wir zum Beispiel nachmittags an einen Waschsalon und waschen bis in die Nacht Wäsche. Auch das Wetter oder auch winzig kleine Mücken können den Tag stark beeinflussen und das ist irgendwie schön. Das Leben fließt und wir sind Teil davon. Widerstand ist zwecklos 🙂 Darwin wird übrigens oft falsch zitiert. Er sagte nicht, dass nur der Stärkste überlebt, sondern der Anpassungsfähigste. Und auch, wenn wir weit entfernt von irgendwelchen Survival-Spielchen leben, so spüren wir, dass es in unserer Natur liegt, mit allem fertig zu werden. Einer der größten Schlüssel dafür ist sicherlich das Annehmen der Situation, die Akzeptanz. Wir machen uns mittlerweile lustig über schwierige Situationen, nicht nur nachher, sondern währenddessen. Dass wir so manches Mal mit Humor auf eine Situation antworten konnten, hat uns selbst überrascht.

Erwartungen & Gefühlslage – Ins warme Wasser gesprungen

Man könnte meinen, dass es eine ganz schöne Umstellung ist, von über 100m2 in einen Van zu ziehen. Von „sicheren“ Angestelltenverhältnissen in die Selbstständigkeit. Da wir in den letzten Jahren aber viele Erfahrungen sammeln konnten und zuletzt im Jahr 2023 eine zweimonatige Auszeit genommen haben, wussten wir ja ziemlich genau, was uns erwartet. Der Umstieg erfolgte erstaunlich reibungslos und irgendwie diffus. Wir haben monatelang Dinge verkauft, eingelagert, die Wohnung leergeräumt und dann ist es so weit. Es fühlt sich für uns immer noch so nach Urlaub an, als würde das irgendwie bald enden. Schwer in Worte zu fassen. Nicht wirklich Urlaub im Sinne von „Füße hochlegen und Cocktails schlürfen“, sondern mehr, dass wir etwas ganz Besonderes erleben. Für uns hat sich der allgemein akzeptierte 40-Stunden-Job-Alltag mit allem, was dazu gehört, schon lange nicht mehr richtig angefühlt. Alles, was wir erleben, bestätigt uns in unserer Entscheidung, einen alternativen Lebensstil zu führen. Wir fühlen uns mehr als gut, wir haben etwas ganz Eigenes geschaffen, das nur uns gehört und wir beide lieben es. Wir sind so dankbar und feiern beinahe jeden Tag, dass es möglich ist, aus Sonnenstrahlen Strom zu machen. Die Nähe zur Natur und die Ruhe tun uns einfach gut und wir haben das Gefühl, schon lange nicht mehr so erfüllt und produktiv gewesen zu sein.

Ängste – Man gewöhnt sich an alles

Das Freistehen, oft abseits der Zivilisation, hat sich schnell eingependelt. Anfänglich ist das natürlich ungewohnt, auch immer noch, wenn man mal drei Wochen bei der Familie gestanden hat. Durch unsere abendlichen Routinen können wir aber mittlerweile recht schnell abschalten. Wenn einem nicht gerade mitten in der Nacht eine Eule aufs Dach knallt – dann geht’s. Obwohl, wie kann man sich beschweren? Das ist ja gratis Herzmuskeltraining mitten in der Nacht. Nach wie vor ist neben dem gesunden Menschenverstand auch unser Bauchgefühl ein guter Leitfaden für die Platzwahl. So sollte man mal auf den Wetterbericht schauen, wenn man in einem unendlich großen Wald an der Grenze zu einem Naturschutzgebiet steht, die Zufahrt mehrere Kilometer fast zugewachsen ist und man umgeben von toten Bäumen ist. Wenn hier Wind oder Starkregen angesagt ist, bleibt man vielleicht besser mal auf ’nem Parkplatz. Der häufige Umgang damit schult uns und lässt uns mittlerweile recht entspannt alles Nötige tun.

Reisen mit Hund – Vanlife Kläffer

Etwas mehr Raum für alles zu haben, hat uns auch mehr Bewusstheit für Nala geschenkt. Wir verstehen ihre Bedürfnisse etwas besser und versuchen, ihren Arbeitswillen durch Training gerecht zu werden. Während der Fahrt ist sie eh immer super entspannt. Angekommen an neuen Orten, ist sie immer total aufgeregt und möchte natürlich erst einmal den Zinken in jedes Gebüsch stecken und die Gegend erkunden. Mit der Zeit ist sie insgesamt entspannter geworden. Das zeigt sich im Verhalten zu anderen Hunden, aber auch zu Menschen. Jeder, der Nala persönlich kennt, weiß, dass sie mit Männern, besonders wenn diese ein selbstsicheres Auftreten mitbringen, eher skeptisch ist. So hat es uns sehr verwundert, dass sie beim Erstkontakt einige Männer freudig begrüßt hat. Andere Hunde werden nur zurechtgewiesen, sobald sie den Chef markieren (das geht nicht, denn Nala ist ja schon der Chef) oder sie mit dem Blick fixieren. Sie nutzt wieder vermehrt einige ihrer Kauspielzeuge, die sie im Van meistens links liegen ließ. Man merkt, dass Sie sich wohler fühlt und natürlich auch das draußen sein genießt. Sie ist etwas angespannter, wenn einer von uns fehlt, aber auch das ist vor dem Hintergrund des Hütehundes und unseres kuscheligen Lebensstils logisch 🙂 Tierarztbesuche im Ausland waren bisher angenehm und erfolgreich. In drei Monaten schon zwei Mal, in Italien wurde uns mit einer großen Portion Humor schnell mit Nalas Blasenentzündung geholfen; in Skandinavien bekamen wir eine für den Grenzübertritt nötige Wurmkur und tolle Tipps und Mittel gegen Mücken.

Menschen – Magnetische Anziehung

Schon komisch. Wir haben in nur drei Monaten unglaublich tolle Menschen kennengelernt, mit denen wir total räsonieren. Nicht selten hatten wir das Gefühl, dass wir uns schon ewig kennen. Und wir reden nicht nur von Leuten, die Vollzeit im Van leben, sondern ganz allgemein. Menschen aller Couleur und Herkunft. Alleinreisende im Urlaub. Familien in Elternzeit. Natürlich auch mal seltene Vollzeit Vanlife Kollegen. Irgendwie spürt man, wenn Menschen eine gewisse Naturverbundenheit oder Einstellung zum Leben haben. Wir stehen mit den meisten in regem Austausch per Telefon und über soziale Medien. Kaum zu glauben, aber wir haben das Gefühl, echte Freunde gefunden zu haben. Erfahrungsgemäß lebt man sich mit Freundeskreisen im „normalen“ Alltag über lange Zeit eher auseinander. Wir haben im Moment das Gefühl, dass wir an Freunden und Erfahrungen immer mehr dazugewinnen. Und das führt uns auch schon zur Erkenntnis, dass es wirklich nicht viel braucht, um erfüllt und glücklich zu sein. Draußen sitzen, mit netten Menschen, im besten Fall einigermaßen warm oder sogar mit Lagerfeuer und eine Kleinigkeit zu essen.

Herausforderungen – Lasst die Spiele beginnen!

Die meisten Herausforderungen erleben wir eher im Vanlife Alltag als bei fundamentalen Fragen des Lebens. Wir sind einigermaßen gesund und fit und dankbar dafür 🙂 In jedem Land ist die Wasserversorgung unterschiedlich. In Südspanien gibt es an manchen Tankstellen oft kostenpflichtige Ver- und Entsorgungsstationen. In Dänemark so gut wie an jeder Tankstelle und das kostenlos. In Schweden schon seltener, da muss man etwas mehr suchen und in die Planung miteinbeziehen. Das Gleiche gilt für Müllentsorgung. Man glaubt es kaum, aber jedes Land ist anders aufgestellt. Auch wie und wo man Wäsche macht, ist etwas umfangreicher als in einer Wohnung, aber auch jedes Mal aufs neue ein Erfolgserlebnis, wenn es dann erledigt ist. Die Stellplatzsuche ist natürlich ein Thema für sich, in Skandinavien aber eher gar kein großes Thema. In Schweden machen wir die Erfahrung, dass man im Grunde für eine Nacht überall stehen kann. Die großen Wälder bieten viel Ruhe und selbst auf manchen Parkplätzen von Einkaufszentren kann man übernachten. Eigentlich purer Luxus 🙂

Beziehung – Wo Liebe ist, ist auch Leben

Wir reden mehr miteinander und haben intensivere Gespräche. Ist ja auch irgendwie klar, wenn man auf kleinem Raum zusammenlebt. Uns ist aufgefallen, dass wir Dinge direkt ansprechen und uns schneller abkühlen, wenn doch mal etwas quer sitzt. Unserer Meinung nach ist in jeder Beziehung wichtig, auf die Bedürfnisse des Partners einzugehen und diese zu respektieren. Auch diesen Punkt nehmen wir bewusster wahr. Universell gesehen ist Kommunikation eines der wichtigsten Themen überhaupt, und auch eines, aus deren Qualität in der Ausführung die meisten Probleme entstehen können. Neben dem ein oder anderen Podcast hören wir auf längeren Fahrten das Buch oder besser die Reihe „Miteinander reden“, welche wie der Name schon sagt sehr intensiv auf das Thema Kommunikation eingeht und auch tiefer in Bereiche der Psychologie eintaucht. Wir werden davon jedenfalls nicht dümmer und investieren auf diese Art nicht nur in uns selbst, sondern auch in unsere Beziehung.

Zukunft – Klarer Sternenhimmel mit ein paar Wolken

Wir können uns vorstellen, eines Tages in einem Tinyhouse zu leben. Was aber paradoxerweise nicht vorstellbar für uns ist: Lange Zeit am gleichen Ort zu verbringen. Neues zu entdecken, eine neue Umgebung zu erkunden, macht uns allen Spaß. Wir haben in Schweden so viele tolle Häuser und Grundstücke gesehen, die zum Träumen einladen. Irgendwie spricht der Gedanke an ein Leben auf dem Land ein „haben wollen“ in uns an, aber wirklich dort zu leben fühlen wird nicht. Anschauen, Aufsaugen und Genießen – das ist meistens alles, was nötig ist. Wir wollen in Zukunft noch langsamer reisen. Auch wurde uns im Laufe der Zeit klarer, was wir auf Instagram zeigen wollen. Vanlife ist ein großer Oberbegriff, und so sehr wir es lieben, im Grunde ist es für uns nur Mittel zum Zweck. Ewig und drei Tage über Technik und Ausbau fachsimpeln und Hab und Gut zur Schau stellen – das überlassen wir anderen. So gerne wir solche Inhalte auch ansehen, diese zu machen fühlt sich für uns nicht richtig an. Stattdessen darfst Du gespannt bleiben, wo die Reise hingeht. Vielen Dank fürs Lesen 🙂

Frohes Abenteuern,
A&O

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